Ein Dampfschiff als Zeitmaschine

Wenn sich der Bodensee an einem goldenen Spätsommerabend sanft kräuselt, ahnt niemand, dass mitten auf dem Wasser ein Stück Geschichte wiederaufersteht. Der historische Schaufelraddampfer „Hohentwiel“, 1913 erbaut und liebevoll restauriert, verwandelte sich kürzlich in eine schwimmende Bühne für ein Projekt voller Eleganz und Nostalgie.

Fotograf Rudolf Warda aus Radolfzell folgte der Einladung von Andreas und Andrea Dragone, um während einer exklusiven Teatime-Rundfahrt Momente einzufangen, die an die glamouröse Epoche der Titanic erinnern. Gemeinsam mit seiner Frau Kerstin reiste er für zwei intensive Stunden in die Vergangenheit – mit Kamera, Handy und jeder Menge Improvisationskunst.

Zwischen Hochzeitsgesellschaft und Schiffssirenen

Was nach einem romantischen Ausflug klingt, entpuppte sich für den erfahrenen Fotografen als anspruchsvolle Aufgabe. „Wir hatten nur zwei Stunden Zeit, und das Schiff war gut besucht“, erzählt Warda. Neben den Dragones, die in detailverliebten Kostümen die Atmosphäre der Jahre um 1912 lebendig machten, feierte eine Hochzeitsgesellschaft ausgelassen an Deck.

Das Rattern des Schaufelrads, das Klirren von Sektgläsern und die Gespräche der Gäste bildeten eine lebendige Geräuschkulisse. Doch gerade dieses Zusammenspiel von Vergangenheit und Gegenwart machte den Reiz aus. Während Rudolf die stilvollen Porträts inszenierte, filmte Kerstin unermüdlich Details – vom glitzernden Wasser über die historischen Lampen bis zu den feinen Stickereien der Kostüme.

Liebe zum Detail von Radolfzell nach Prag

Die Ergebnisse sprechen für sich: beeindruckende Fotos, die das Flair der Titanic-Ära einfangen, und ein Video, das von eigens arrangierter Jugendstil-Musik begleitet wird. Ein befreundeter Komponist aus Prag, Gründer des Spirit-Quartetts, ließ Musiker des Prager Kammerorchesters unter der Leitung von Josef Suk – dem Urenkel von Antonín Dvořák – ein Stück einspielen, das an Bord sofort Gänsehaut erzeugte. Für Warda ist es diese Liebe zum Detail, die ein Projekt unvergesslich macht. „Man spürt, wie sehr Andreas und Andrea Dragone in ihrer Rolle aufgehen. Ihre Begeisterung ist ansteckend“, schwärmt er.

Von Dampfzügen zu Dampfschiffen

Die kreative Zusammenarbeit der beiden Männer begann übrigens auf Schienen. Andreas Dragone, 49, aus Schaffhausen, ist nicht nur ein Fan maritimer Nostalgie, sondern auch leidenschaftlicher Dampflok-Enthusiast. Die erste Begegnung fand bei einer Rundfahrt mit einem historischen Dampfzug rund um den Bodensee statt, organisiert vom Verein EUROVAPOR.

Rudolf Warda fertigte wie so oft ehrenamtlich Fotos an, um die Atmosphäre vergangener Epochen einzufangen. Beruflich arbeitet er für das Eisenbahnunternehmen BM Bahndienste in Karlsruhe, das 14 eigene Lokomotiven besitzt und 80 Mitarbeiter beschäftigt. Tunnelbau-Reportagen, nächtliche Fahrten in Führerständen und Kundenkalender mit den schönsten Aufnahmen gehören für ihn zum Alltag. Seine erste Kamera erhielt er bereits mit 15 von seinem Vater – eine Leidenschaft, die ihn seit 35 Jahren begleitet.

Titanic-Moment auf dem Bodensee: Fotokunst trifft Nostalgie auf dem Dampfschiff „Hohentwiel“

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Titanic-Dinner als krönender Höhepunkt

Nach ihrem ersten Treffen verloren sich Dragone und Warda kurzzeitig aus den Augen, fanden sich jedoch über Facebook wieder. Seitdem sind gemeinsame Fotoprojekte zu historischen Dampfzügen fast Routine. Als Warda von der Idee eines „Titanic-Dinners“ hörte, war er sofort begeistert. Am 13. Juni 2026 wird die „Hohentwiel“ zu einem vierstündigen Abend in See stechen, der alle 80 Gäste auf eine authentische Zeitreise schickt. Historische Garderobe ist Pflicht, und die Wardas planen, mehrere Kameras und sogar eine Drohne zu installieren, um das Ereignis in allen Facetten festzuhalten.

Exklusive Plätze und kulinarische Zeitreise

Der Preis von 300 Euro pro Person schreckt offenbar kaum jemanden ab: Schon jetzt sind 60 der 80 Tickets verkauft. Serviert wird ein erlesenes Vier-Gänge-Menü, begleitet von Live-Musik des „White Star Line Quintet“, das originale Stücke aus der Titanic-Ära spielt. Jeder Gast erhält anschließend nicht nur Erinnerungsfotos und ein Video, sondern auch ein Titanic-Erinnerungsset mit Replikaten historischer Bordpapiere – Bordkarte, Menükarte und weitere Zeitdokumente inklusive. Eine Spendenbox zugunsten der Kindernothilfe Schweiz rundet den Abend ab, für den Andreas Dragone sich seit 2014 als Botschafter engagiert.

Wenn Nostalgie lebendig wird

So verbindet sich am Bodensee Historie mit künstlerischem Anspruch: Ein Dampfschiff von 1913, Musik im Stil von 1912, detailgetreue Kostüme und die präzise Linse eines erfahrenen Fotografen. Das Ergebnis ist mehr als eine nostalgische Veranstaltung – es ist eine lebendige Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart, die zeigt, wie zeitlos die Faszination für große Geschichten wie die der Titanic bleibt. Wer einen der letzten Plätze ergattern will, erlebt nicht nur eine kulinarische Reise, sondern ein Gesamtkunstwerk aus Fotografie, Musik und maritimer Geschichte, das den Bodensee für einen Abend in ein schwimmendes Museum verwandelt.